„Nein, aufhören werde ich auf keinen Fall“, sagt der begeisterte Bläser mit einem Lächeln. „Ich bleibe weiterhin im Chor. Ein Leben ohne Posaune kann ich mir kaum vorstellen.“
Jürgen Lüdersdorf wurde 1939 als Zwilling geboren – zwar etwas später als sein Bruder, dafür immer ein paar Zentimeter größer. Aufgewachsen ist er in Jüterbog, in einer musikalischen Familie. Sein Vater leitete den dortigen Posaunenchor und legte ihm früh die Liebe zum Blasinstrument ans Herz. „Er legte mir die Trompete auf den Tisch, und als ich pustete, kam sofort ein Ton“, erinnert sich Lüdersdorf. „Da war klar: Klein Jürgen darf Trompete lernen!“ Mit sechs Jahren begann er, später wechselte er auf die Posaune, auch wenn seine Hand damals noch nicht ganz bis zum tiefsten Zug reichte.
Die Musik hat ihn seither nie losgelassen – auch nicht während seines Theologiestudiums von 1957 bis 1962 in Berlin. Dort wirkte er im Posaunenchor der Marienkirche aktiv mit. Auf ihn konnte man sich verlassen – er war in allen Stimmen einsetzbar.
Seine erste Pfarrstelle trat er in Lögow bei Kyritz an – und gründete selbstverständlich auch dort einen Posaunenchor, beschaffte Instrumente und brachte unzähligen Menschen das Blasen bei. Wie viele es im Laufe seines Lebens waren, kann er nicht mehr zählen – aber es waren viele. 1975 führte ihn sein Weg nach Treuenbrietzen. Hier schloss er sich dem bestehenden Posaunenchor an und übernahm bald darauf die Leitung, als der damalige Chorleiter altersbedingt zurücktrat.
Seitdem sind mehr als 50 Jahre vergangen. Generationen von Bläserinnen und Bläsern hat Lüdersdorf angeleitet, begleitet und inspiriert. Seine Frau Heidrun-Barbara schmunzelt im Hintergrund: „Wir werden ihm wohl eine Trompete mit ins Grab legen müssen.“ Aber es gab nicht nur den Posauenenchor. Das Ehepaar hat jahrelang ihre Berufung hier in Treuenbrietzen gelebt. Lüdersdorf war der Ortspfarrer und sie die Katechetin. Sie haben ihr Leben in Gottes Dienst gestellt und Segen gestreut.
Nun jauchzt dem Herren alle Welt! Kommt her, zu seinem Dienst euch stellt, kommt mit Frohlocken, säumet nicht, kommt vor sein heilig Angesicht.
Sein Lieblingslied ist das Kirchenlied „Nun jauchzt dem Herren alle Welt“. „In diesem Lied drückt sich alles aus, was mich bewegt und mir gefällt“, sagt Lüdersdorf. Die Freude am Glauben, an der Musik und am gemeinsamen Lob Gottes – das hat ihn durch sein ganzes Leben getragen.
Wenn er nun am Reformationstag den Taktstock weitergibt, dann nicht, weil er müde geworden ist, sondern – wie er selbst sagt – „weil es gut ist, wenn Jüngere Verantwortung übernehmen und ich endlich wieder einfach nur mitblasen kann.“