Mit allen Sinnen auf der Spur des Friedens - Johannes Herzer im Interview

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Johannes Herzer erzählt im Interview über sein Vikariat in Bad Belzig und ein besonderes Projekt zum Frieden

Johannes Herzer ist seit 2023 Vikar in Bad Belzig. Er kommt ursprünglich aus Bad Wildungen in Hessen. Nach dem Abitur hat er im nahen Kassel gymnasiales Lehramt für die Fächer Evangelische Religion sowie Politik und Wirtschaft studiert. Religion und Theologie waren für ihn damals schon faszinierend. Nach seinem Staatsexamen ist er ziemlich "spontan", wie er einwendet, nach Berlin gezogen. Fortan studierte er Evangelische Religions- und Gemeindepädagogik und hat parallel dazu als Religions- und Ethiklehrer an verschiedenen Neuköllner Schulen gearbeitet. Nach seinem Masterabschluss schloss sich sein Vikariat an.

Wenn Johannes Herzer nicht für die Evangelische Kirchengemeinde Bad Belzig unterwegs ist, springt er gerne für einen Korbleger beim Basketball in die Höhe und hört am liebsten Hip-Hop. Mit seiner Frau lebt er in Berlin.

Du wirst Pfarrer, zumindest machst Du Dein Vikariat in Bad Belzig in unserem Kirchenkreis. Was hat Dich dazu bewogen, diesen Weg einzuschlagen?Ich hatte schon immer ein großes Interesse am Christentum. Ich komme nicht aus einem besonders kirchlichen Elternhaus. Aber meine Eltern sind beide gläubig und so haben Religion und Glaube schon immer eine wichtige Rolle in meinem Leben gespielt. Nach dem Abitur war mir das Berufsziel Pfarramt aber irgendwie zu krass, deshalb habe ich Lehramt studiert. Während des Studiums habe ich aber gemerkt, dass mich das Thema auch über die schulischen Grenzen hinaus reizt. Ich habe viele interessante Pfarrpersonen und Professoren kennengelernt, die mir die Breite des Berufsfeldes Pfarrer schmackhaft gemacht haben: Die Arbeit mit allen Altersgruppen, Seelsorge, Kinder- und Jugendarbeit abseits von Noten, die Möglichkeiten, sich mittels des Glaubens für das Wohl dieser Welt einzusetzen und so weiter. Dann habe ich mir gesagt: Das alles ist so lohnenswert, dafür studiere ich gerne noch einmal. Und jetzt bin ich hier und entdecke jeden Tag neue Aspekte des Berufes, die mir (fast immer) Freude bereiten. 

Du arbeitest in Bad Belzig, mitten im Fläming. Hast Du mittlerweile Orte entdeckt, die Dich magisch anziehen? Oder etwas, das Dir hier besonders gefällt?
Ein spezifischer Ort fällt mir ehrlich gesagt gerade nicht ein. Ich schätze die schöne Natur im Fläming sehr. Gerade im Vergleich zu Berlin kann man hier einfach die Seele baumeln lassen, die Ruhe genießen und in der Natur Kraft tanken und Frieden finden. Ansonsten gefallen mir hier vor allem die vielfältigen Menschen, denen ich tagtäglich während meiner Arbeit begegne.  

Du bereitest ein besonderes Projekt mit der Gemeinde vor. Wie kam es dazu?
Im Vikariat kann man an einer Stelle im Examen zwischen zwei Prüfungsformen wählen: Entweder man schreibt eine wissenschaftliche Arbeit oder man führt ein Praxisprojekt durch und schreibt dann darüber eine wissenschaftliche Arbeit. Meine Mentorin Frau Dr. Moldenhauer hat mich darin bestärkt, das Projekt zu wählen, weil man dabei eine ganze Menge über Gemeinde, Gemeinschaft, Organisation, Planung und sich selbst lernt. 
Im Endeffekt gab es zwei ausschlaggebende Punkte für mein Projekt:
Ich habe im vergangenen Jahr sowohl bei mir aber auch bei vielen Menschen in Bad Belzig und der Region in Gesprächen wahrgenommen, dass sich große Sorgen um die Zukunft dieser Welt gemacht wird. Eine Menge läuft gerade auf vielen Ebenen schief: Klimawandel, Umweltzerstörung, Kriege, Armut, machtgierige Despoten, radikale Ideologien und so weiter. In unserer heutigen Zeit ist Frieden ein rares Gut geworden. Das macht Angst, zumindest geht es mir oft so. Dann habe ich im Vikariat gemerkt, dass es in Bad Belzig vielfältige christliche Gemeinden gibt, in denen man sich untereinander kennt und wertschätzt.
Da dachte ich mir: Unsere Welt braucht Frieden und als Christ:innen ist es eine unserer wichtigsten Aufgaben, den Frieden in der Welt zu bezeugen, den Gott uns in Christus offenbart hat. Ganz unabhängig von der Konfession. Damit war die Projektidee geboren: Einen Gottesdienst zum Thema Frieden in Anlehnung an die Thomasmesse in einem ökumenischen Team zu planen und diesen dann in der Marienkirche in Bad Belzig zu feiern. Mit der Gottesdienstform Thomasmessen hatte ich mich vorher intensiv im Predigerseminar Wittenberg beschäftigt.

Ich bin neugierig. Was genau wird die Besuchenden erwarten?
In erster Linie ein Gottesdienst, der ein unglaublich wichtiges Thema anspricht. Dann ein Gottesdienst, der von Mitgliedern aller Gemeinden Bad Belzigs gemeinsam und gleichberechtigt gestaltet wird. Die Besuchenden können sich auch auf ein vielfältiges musikalisches Erlebnis freuen und darauf, dass das Thema Frieden mit allen Sinnen angesprochen wird. Das besondere an der Thomasmesse ist nämlich die sogenannte Offene Zeit. Das ist eine Art Unterbrechung des Gottesdienstes, in der verschiedene Aktivitäten im Kirchraum wahrgenommen werden können. In unserem Gottesdienst wird es kreative, musikalische, sinnliche und weitere Stationen geben, in denen die Besuchenden nach ihren Präferenzen dem Thema Frieden auf unterschiedliche Weise begegnen können. Und natürlich soll der Gottesdienst Gemeinschaft im Zeichen der Ökumene und des Friedens stiften. Deshalb gibt es im Anschluss noch einen Offenen Abend mit Essen und Getränken, der Raum bietet, einander zu begegnen und miteinander ins Gespräch zu kommen.

Soviel ich weiß, hat die Thomasmesse einen sehr sinnlichen und meditativen Charakter: Sie will Menschen einladen, Gott mit allen Sinnen zu erfahren? Kann man das so beschreiben oder wie würdest Du das innere Geschehen beschreiben?
Das stimmt. Die Thomasmesse möchte nicht nur den Intellekt eines Menschen ansprechen, sondern ihn ganzheitlich berühren und so spirituelle Erfahrungen abseits eines konventionellen Gottesdienstes ermöglichen. Beispielsweise durch den besonderen Fokus auf Musik oder auch durch die Vielfalt der Stationen innerhalb der Offenen Zeit. Wichtig finde ich aber auch die seelsorgerliche Grundprämisse der Thomasmesse: Das Changieren zwischen Angst und Vertrauen, zwischen Zweifel und Gewissheit, zwischen Hoffnungslosigkeit und Hoffnung. Das finde ich gerade beim Thema Frieden ganz wesentlich. Täglich erleben wir, dass Frieden bedroht ist und spüren, dass der Weg zu einer friedvollen Welt sehr lang und sehr steinig wird. Da kann man schon mal verzweifeln oder resignieren. Gleichzeitig vertrauen und glauben wir als Christ:innen aber auch daran, dass Gott es gut mit dieser Welt meint und dass er treu zu seinem Wort steht. Bei aller Angst oder Zweifel können und dürfen wir hoffen und vertrauen. Deshalb heißt mein Projekt „Frieden?! Ein Gottesdienst zum Hoffen, Suchen und Nachjagen“.

Noch steht Dein „Zelt“ hier? Wann wirst Du es abbauen? Hast Du eine Idee, wo Dein nächster „Zeltplatz“ sein wird?

Mein „Zelt“ steht offiziell noch bis Ende 2024 in Bad Belzig. Ende September werde ich aber, wenn als gut läuft, bereits wissen, wo ich als nächstes zelte. Da meine Frau als Lehrerin an das Bundesland Berlin gebunden ist, hoffe ich natürlich sehr, dass ich einen berlinnahen „Zeltplatz“ zugewiesen bekomme. Aber wir werden sehen, aktuell steht mein „Zelt“ ja noch in Bad Belzig und da steht es gut.

Ich danke Dir Johannes für Dein lebendiges Erzählen. Ich bin schon sehr gespannt, was Du nach der Durchführung des Gottesdienstes zu erzählen hast. Dir und Euch als Vorbereitungsteam Gottes Segen und gutes Gelingen.

Das Interview führte Beate Lindauer

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Frieden?!
Gottesdienst in Anlehnung an die Thomasmesse | 28. Juni 2024| ab 20:00 Uhr  | Marienkirche Bad Belzig | Johannes Herzer & ökumenisches Team
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www.kirche-region-belzig.de

 

 

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