Freitagabend. Eine volle Woche liegt hinter mir. Viel lieber wäre ich jetzt zu Hause im Liegestuhl geblieben. Der erste warme, laue Frühlingsabend - aber ich habe versprochen, dabei zu sein. Also folge ich mit müden Schritten der Einladung. Ich trete über die Schwelle der Petri-Kapelle. Freundliche Worte sagen WILLKOMMEN. Ein paar bekannte Gesichter nicken mir zu. Ich nehme die zweite Reihe in der Hoffnung, niemand bemerkt meine Müdigkeit. Die Türe schließt sich knarrend. Die dicken Mauern trennen das VERGANGENE vom JETZT. Noch bin ich unentschlossen. Das Kopfkino ist noch in vollem Gange: Wie ärgerlich. Mein Geldbeutel liegt noch zu Hause auf dem Küchentisch. Hoffentlich war schon jemand mit meinem Lieblingshund. Die Wäsche muss auch noch auf die Leine … und plötzlich erklingt wie aus dem Nichts ein Ton, eine Melodie wie ein leises Werben: Komm! Komm mit Deinen Gedanken. Komm mit dem was in Dir ist. Komm mit Deiner Aufmerksamkeit ins JETZT. Die Musik nimmt mich mehr und mehr in den Bann, bis ich schließlich ganz da bin. Ich vergesse, wer neben mir sitzt, lausche den Worten und den Melodien, träume vor mich hin und spinne die mir zugeworfenen Worte und Töne weiter. Ein Hin und Her, fast wie bei einem realen Gespräch entwickelt sich, nur sind die Töne leise und zwischen Gott und mir. Mein Blick schweift zum Altar. Christus am Kreuz, der aussieht, als würde er die Schultern hängen lassen. Der Arme, denke ich. Die Musik holt mich wieder ein. Ich genieße das Zupfen der Gitarren, den rhythmischen Klang der Rasseln. Der Gesang erreicht mein Herz. “Wo immer Du bist – ich könnte da sein. Wann immer – ich wäre da“ singt Susanne Werth in Begleitung von Friedrich Barniske. Ich bin tief berührt von dieser Einladung. Mit jedem Augenblick wird es dämmriger im Raum. Und plötzlich entdecke ich das Licht der Kerzen. Mein Blick fällt wieder auf den Christus. Erstrahlt und erleuchtet entdecke ich seine offenen Arme. Es ist mir, als sagt ER ganz leise und zart: Komm! Feierabend - FREI-TAGABEND.
2023_04_21, Gedanken zum FEITAGABEND, © Beate Lindauer, EKMB
FEITAGABEND, einer Veranstaltungsreihe der Domgemeinde Brandenburg an der Havel mit Zeit für Musik, alten und neuen Worten, Sinn und Unsinn. „Wir wollen neue Zeiten und neue Formen für Gottesdienste erproben und uns am Ende der Arbeitswoche Zeit und Raum nehmen, je für sich und in Gemeinschaft nachzuspüren, was den je eigenen Alltag und was die gemeinsam er- und durchlebte Zeit begleitet und durchkreuzt: Erfreuliches, Belastendes, Ermutigendes und Entmutigendes“ beschreibt Martin Rohde die musikalischen Gottesdienste. Martin Rohde ist Pfarrer der Domgemeinde.