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Worte tun der Seele gut.

Von Zeit zu Zeit ein geistlicher Impuls - eingefangen in den Weiten des Kirchenkreises. Zwischen wogenden Kornfeldern. Klaren Seen und Flüssen. Trotzenden Dorfkirchen. Malerischen Städten. Mal als Andacht. Mal als Predigt. Mal als Portrait. Mal als Gebet.

Wie der Regen oder Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen zu säen und Brot zu essen, so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende.

Jesaja 55,10f

An(ge)dacht

Erzählt, gehört und gefunden im Evangelischen Kirchenkreis Mittelmark-Brandenburg.

Mit dem Drachen kämpfen.

Ein riesiger Fels im Meer.
Ein riesiger Fels im Meer mit einer Kirche drauf: Der Mont-Saint-Michel.
Atemberaubend ist der Anblick schon auf Fotos!
Und wer von euch schon einmal in der Bretagne war, auf der Route Nationale dort vorbeikam oder gar vor Ort war, kann bestimmt noch ganz anders von der Ausstrahlung dieses Ortes berichten.
Der Mont-Saint-Michel liegt im Meer.
So ganz kommt das Wasser des Atlantik zwar nicht mehr um den Felsen – nur noch eine Hälfte wird bei Flut umspült, der Rest ist Watt – aber alles zusammen ergibt ein beeindruckendes Spiel von Licht und Schatten.
Spiegelungen und Glitzer von Sonne und Mond auf dem Wasser.
Die Möwen kreisen und kreischen.
Und ganz oben auf der Kirche, die mit der Schöpfung zu kommunizieren scheint, thront Er: 160 Meter über dem Boden steht Michael in voller Pracht.
Viereinhalb Meter hoch, eine halbe Tonne schwer.
Ein goldener Erzengel in voller Kampfmontur: Brustpanzer, Helm mit Visier.
Mit einem langen Schwert in der Rechten und großen Flügeln stürzt er sich auf den Drachen zu seinen Füßen.
Und triumphiert über ihn.
Hier endet alle Beschaulichkeit.
Michael ist ganz offensichtlich eine Kampfansage.

Demgegenüber hört man bei Führungen vor Ort hin und wieder die wohl lapidarste Einordnung, die man einem Erzengel antun kann:
„Michael da oben ist vor allem ein Blitzableiter für das Gebäude.“
Puh! – Ich bin nicht ganz einverstanden.
Zum Mont-Saint-Michel strömen Menschen aus ganz Europa, aus der ganzen Welt.
Dieser Berg mit seinem Engel ist nach Paris der meistbesuchte Ort in Frankreich.
Und überhaupt sind neben Maria und Nikolaus dem Erzengel Michael in ganz Europa die meisten Kirchen gewidmet. Kaum eine große Stadt, die keine Michaelskirche hat.
Dieser Engel ist weit mehr als ein Blitzableiter.

Was ist seine Botschaft?
Was ist das für ein Kampf, in den er verwickelt ist?
Ist das auch meiner? Unserer?

Der christliche Kalender vermerkt seit Jahrhunderten den 29. September als Michaelstag. Gewidmet diesem Engel, der mich ehrlich gesagt immer irritiert, wenn ich auf ihn treffe:
Die Kampfmontur, das Schwert in der Hand, ein muskulöser großer Mann.
„Stark“, sagen die einen. „Endlich mal kein sanfter, harmloser Engel!“
Keine rundlich-kleine Putte, die uns vergnügt entgegenlächelt.
Hier scheint etwas durch von göttlicher Kraft und Majestät.
Gott ist nicht nur lieb. Gott ist Dynamik, Auseinandersetzung. Es geht um etwas!
Ja, ich stimme zu und schrecke doch immer wieder zurück vor der Wucht dieser Engelsgestalt.
Unzählige Darstellungen zeigen Michael kämpfend mit dem Drachen.
Und Kampf heißt seit Jahrhunderten oft auch Krieg und Zerstörung.
Das Schwert wird gegen Feinde geführt. Es bringt Tod und Elend.
Ich merke, bei Michael bleibe ich skeptisch, immer an dem gleichen Punkt:
Wird da in der Gestalt eines Engels Gewalt verherrlicht?
Wird sie sakralisiert?
Das ist einer der Kippmomente jeder Religion, auch des Christentums.
Stellt man einen Kampf als göttlich, notwendig, heilig dar, um dann im Handumdrehen die eigenen Auseinandersetzungen als gottgewollt und notwendig legitimieren zu können?
Wir können es ja verfolgen in der Geschichte – es ist ein wiederkehrendes Muster.
Michael, der den Drachen bekämpft: das Böse, den Teufel.
Der Erzengel wurde zum Schutzherrn der christlichen Heere im Kampf gegen den vermeintlichen Irrglauben und die Ungläubigen.
Wir leben noch heute mit den Folgen dieser religiösen Kriege.
Und weiß Gott, das dualistische Denken – hier die Guten, dort die Bösen – hat ja nicht abgedankt.
Auch das ist Teil der Wirkungsgeschichte eines Engels in Kampfmontur.

Gabriel, Michael, Raphael, Uriel – das sind die biblischen Erzengel.
Ganz oben angesiedelt in der himmlischen Engelhierarchie.
Im Mittelalter wurden ganze Buchbände darüber verfasst:
Engellehren – Angelologien.
Die vermutlich bedeutendste Auseinandersetzung mit dem Thema bietet Thomas von Aquin in seinem systematischen Epochalwerk Summa Theologiae Mitte des 13. Jahrhunderts.
Von einigen der andern Erzengel werden wir im Verlauf unserer Predigtreihe noch mehr hören; heute ist Michael dran.
Was also erfahren wir von ihm in der Bibel?
Neben ein paar kleineren anderen Stellen, erzählt am eindrucksvollsten die Offenbarung des Johannes im 12. Kapitel von ihm: 

Am Himmel erschien ein großes Zeichen:
Eine Frau, die mit der Sonne bekleidet war.
Unter ihren Füßen war der Mond.
Auf dem Kopf trug sie einen Kranz aus zwölf Sternen.
Sie war schwanger und schrie, denn sie hatte Wehen und litt unter den Qualen der Geburt.
Dann erschien am Himmel ein anderes Zeichen:
Ein großer, feuerroter Drache mit sieben Köpfen und zehn Hörnern.
Auf jedem seiner sieben Köpfe war eine Krone.
Mit seinem Schwanz fegte er ein Drittel der Sterne vom Himmel und schleuderte sie auf die Erde.
Der Drache stand vor der Frau, die gerade ihr Kind zur Welt brachte.
Denn er wollte das Kind verschlingen, sobald sie es geboren hatte.
Und sie brachte das Kind zur Welt […]
Und ihr Kind wurde hinaufgenommen zu Gott und zu seinem Thron.
[…]
Dann brach im Himmel ein Krieg aus:

Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen.
Der Drache und seine Engel kämpften, aber er war nicht stark genug.
So verloren sie ihren Platz im Himmel.
Der große Drache wurde hinabgestoßen – die uralte Schlange, die auch »Teufel« oder »Satan« genannt wird.
Sie verführt die ganze Welt dazu, sich von Gott abzuwenden.
Der Drache wurde auf die Erde hinabgestoßen, und seine Engel wurden mit ihm hinabgeworfen.
Da hörte ich im Himmel eine laute Stimme. Sie rief: »Jetzt ist die Rettung da!
Unser Gott hat seine Macht gezeigt, und seine Herrschaft hat begonnen. […]
Darum freut euch, ihr Himmel, und alle, die darin wohnen!
Aber wehe euch, Land und Meer!
Denn der Teufel ist zu euch herabgekommen, und er ist rasend vor Wut. […]«   
(Offb 12,1-12 i.A. BasisBibel)

Michael kämpft mit seinen Engeln einen heftigen Kampf.
Und er feiert einen glorreichen Sieg – im Himmel.
Aber – und das ist nicht unwesentlich – der Drache wird dabei nicht getötet.
Sein Machtbereich wird eingegrenzt. Er hat im Himmel nichts zu suchen.
Er wird auf die Erde geworfen.
Wenn wir in all dem genauer hinsehen, erkennen wir zuerst: Michael ist kein Angreifer.
Er taugt daher nicht als Schutzpatron religiöser Eroberungs- und Gewaltphantasien.
Michael schreitet – vermutlich von Gott beauftragt – ein, um eine Frau und ein Kind vor der Bedrohung zu schützen.

(Kurze Zwischenfrage: An wen denkt ihr, wenn ihr von der Frau und dem Kind hört, das zu Gottes Thron hinaufgenommen wird?)

Michael ist ein Schutz gebender Engel. Hören wir noch ein wenig weiter: 

Als der Drache sah, dass er auf die Erde hinabgestürzt worden war,
da verfolgte er die Frau, die den Sohn geboren hatte.
Die Frau bekam die beiden Flügel eines großen Adlers.
So konnte sie in die Wüste fliegen, an ihren Zufluchtsort.
Dort soll sie dreieinhalb Jahre lang versorgt werden, in sicherer Entfernung von der Schlange.
Die Schlange stieß aus ihrem Maul eine gewaltige Wasserflut aus, hinter der Frau her.
Sie sollte von den Fluten fortgerissen werden.
Aber die Erde half der Frau.
Sie öffnete sich und verschluckte die Fluten, die der Drache aus seinem Maul ausstieß.
Da wurde der Drache zornig auf die Frau.
Er ging fort, um mit ihren anderen Nachkommen zu kämpfen.
Das sind diejenigen, die an Gottes Geboten festhalten und bereit sind, als Zeugen für Jesus einzutreten.
(Offb 12,13-17 BasisBibel)

 Dramatische Bilder, spektakuläre Rettungsszenarien.
Aufgeladen bis ins kleinste Detail von mythischen, apokalyptischen Vorstellungen.
Himmel und Erde setzen alles daran, die Frau und das Kind zu retten.
Und ich weiß nicht, wie es euch geht:
Ich denke dabei unwillkürlich an Maria mit dem Jesuskind.
Sie sollen gerettet werden.
Und am Ende scheint es durch:
In die irdischen Kämpfe mit dem Drachen sind auch diejenigen verwickelt,
die an Gottes Botschaft festhalten; die bereit sind, als Zeugen für Jesus einzutreten.
 

So ist es formuliert in den apokalyptischen Bildern im Buch der Offenbarung.
Und dieses Buch war damals in seiner Entstehungszeit zu allererst Botschaft an die Christinnen und Christen, die im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung im Römischen Reich mit dem Tode bedroht und verfolgt wurden.
Es sollte mit seinen Bildern zum Durchhalten aufrufen.
Dazu, standhaft zu bleiben in der Nachfolge Jesu.
Dazu, auf Gottes Hilfe zu vertrauen.
Und jetzt könnten wir sagen: Gut, habe ich verstanden.
Alles ein bisschen absurd und überzeichnet, aber die Funktion ist nachvollziehbar und erklärbar.

Buch zu, Geschichte erzählt, fertig.
Doch ich versuche, die biblischen Erzählungen und Bilder immer noch ein wenig anders zu lesen.
Ich versuche dem nachzuspüren, ob sie uns heutigen Menschen auch noch etwas sagen.
Und oft komme ich dabei zu dem Ergebnis: Das tun sie.
Ob ihr das auch so seht, dürft und müsst ihr selbst entscheiden.
Wenn ich aufmerksam bin und die Erzählung und Bilder in der Michaels-Erzählung auf meine eigenen Lebenserfahrungen zu beziehen versuche, dann beginnen sie nochmal neu zu sprechen.
Und ich unterstelle, wir alle kennen solche Kämpfe.
Wenn nicht äußerlich, dann zumindest innerlich in uns selbst.
Ich erzähle euch deshalb noch kurz von Susanne.

An ihrem 27. Geburtstag legte sie ein Gelübde ab: Ich will ein guter Mensch sein.
Damals hatten die Taliban Afghanistan besetzt.
In einem Bus in Köln wurde jemand mit einem Messer niedergestreckt.
In den Fernsehnachrichten konnte man die Abgründe der Welt entdecken.
Ein paar Rapper zerrten eine Bitch auf die Toilette und erhielten einen Preis für sowas.
Susanne erwog kurz, an der Welt zu verzweifeln.
Dann entschloss sie sich anders.
Den Ungeheuern wollte sie die Welt nicht überlassen.
Sie beschloss, die bestmögliche Ausgabe ihrer Selbst zu sein.
Dafür dachte sie nach. Das Radio schaltete sie nicht ein. Die Eilmeldungen auf dem Tablet ignorierte sie.
Irgendwann war sie fertig mit Nachdenken.

Folgende Ergebnisse hatte sie:
1.      Jedes Wesen ist von Gott gemacht. Also auch ein Ungeheuer.
2.      Jeder Mensch ist Gottes Ebenbild.
Also auch die Hasserfüllten, die Ekelhaften, die Unerträglichen.
3.      Daraus folgt, dass auch in ihnen ein göttlicher Funke steckt.
4.      Das ist schwer zu ertragen.

Dann kam ihr noch ein Gedanke: Wenn die bösen Menschen böse geworden sind – wer sagt dann, dass das Böse nicht auch in mir schlummert? Vielleicht nicht so monströs und eindeutig, sondern irgendwie netter verpackt.

Daraus folgerte Susanne schweren Herzens:
5.      Das Ungeheuer gibt es auch in mir.
6.      Jetzt könnte ich Hilfe gebrauchen. 

Und sie träumte nachts einen Traum:
Im Himmel entbrannte ein Kampf.
Ein Engel erhob sich, um ein Ungeheuer zu besiegen.
Der Engel trug ein Schwert und war sehr stark.
Er gewann. Er stürzte das Ungeheuer auf die Erde.
„Gerettet“, rief der Engel. „Der Himmel ist gerettet.“
 

Susanne erwachte atemlos. Dabei hätte sie doch beruhigt sein können.
Aber sie war es nicht. Sie traute dem Sieg nicht.
Wer weiß, dachte sie. Wer weiß, ob das alles ist.
Denn was brachte es, wenn das Ungeheuer nur verdrängt war?
Es existierte ja noch. Nur an anderem Ort.

Lieber Engel, murmelte sie, tapfer gekämpft. Aber ich glaube, du hast da was übersehen.

Susanne kam zu drei neuen Schlüssen:
1.      Das Böse kann man nicht ausrotten.
2.      Nicht mal, in einem selbst.
3.      Aber bekämpfen kann man es.
Allein schon, damit es nicht im Verborgenen sein Unwesen treibt.

Fragt sich nur, dachte Susanne, was ich für diesen Kampf brauche?
Einen Engel in Kampfmontur hat man ja nicht immer an seiner Seite.

In der Nacht träumte Susanne ein weiteres Mal:
Das Ungeheuer, das auf die Erde gestürzt war, verfolgte die Frau,
von der so viel Gutes hervorgegangen war.
Sie konnte nicht davonlaufen.
Da wuchsen ihr Flügel. Sie erhob sich über das Böse und flog davon.
Das Ungeheuer tobte und spie einen Strom Verwünschungen aus, auf dass die Frau darin ertränke.
Aber die Erde kam ihr zu Hilfe und verschlang den Strom.
Der Zorn des Ungeheuers war unermesslich und es schwor, weiter zu kämpfen gegen die Frau und gegen alles, was aus ihr Gutes käme bis in Ewigkeit. 

Susanne erwachte.
Das Ungeheuer war ihr mittlerweile vertraut.
Außerdem gefielen ihr die Flügel.
Daraus schloss sie:
Man kann sich gegen das Böse erheben.
Verschwinden wird es trotzdem nicht.
Aber der Boden der Tatsachen vermag seine Ausscheidungen zu verschlingen.
Und Susanne fand, dass sie mit Flügeln und dem Boden der Tatsachen
hinreichend gut für weitere Kämpfe ausgestattet war.

In der nächsten Nacht schlief sie tief und traumlos.
Im darauffolgenden Sommer fuhr sie in den Urlaub nach Frankreich.
Bei einem Besuch des Mont-Saint-Michel hatte sie für einen kurzen Moment den Eindruck,
als lächle ihr die viereinhalb Meter große Figur von der Turmspitze aus zu.
„Das dort oben ist der Erzengel Michael“, sagte die Führung.
„Er dient vor allem als Blitzableiter.“
Na immerhin, dachte Susanne.
Das ist ja auch wichtig in den Stürmen unserer Zeit.
In allen Stürmen und Drachenkämpfen unserer Zeit und unseres Lebens,
wünsche ich uns Widerstandskraft und himmlische Unterstützung.
Und vielleicht wachsen ja auch uns Flügel.

Amen – so sei es!

 [Die Predigt arbeitet mit Passagen aus: Susanne Niemeyer, Fliegen lernen. Engelsgeschichten aus der Bibel, Leipzig 2018]

Von Stefan Hartmann | Predigt mit Offb 12,1-17 i.A. Mit dem Drachen kämpfen

Taufe war die logisches Konsequenz.

Von Beate Lindauer. Sie mag Menschen und ihre Geschichten. Bei ihrem unterwegs-sein im Kirchenkreis schreibt sie von den vielen die ihr begegnen, gelegentlich auch mal eine auf.

„Zwischen Himmel und Erde ist mehr. Das habe ich schon immer gewusst“, schildert Anja Puppe mit wachen Augen. Wenn sie früher alleine zu Hause war, hat sie sich immer gut aufgehoben gefühlt. Erst später bringt sie dieses Gespür mit Gott und dem Heiligen Geist in Verbindung.

Anja Puppe ist ein Draußenkind, wie sie selbst von sich sagt. In der Natur sein, unterwegs unter freiem Himmel. Ihre Taufe hat sie nach der offiziellen Handlung in der Kirche von Meinsdorf (Niederer Fläming) genau so gefeiert. Bei strahlendem Sonnenschein, an einem warmen Ostersonntag bei Kaffee und Kuchen im Garten, mit ihrer Familie und ihren Freund:innen. Die Taufe, ein besonderer Tag in ihrem Leben.

Schon als Kind stromerte sie gerne durch Weinberge und Kiesgruben, Pflanzen, Steine und Vögel begutachten und entdecken, was da so alles ist. Sie war viel alleine unterwegs, aber hatte keinerlei Angst. Das war auch zu Hause so: „Wenn ich alleine zuhause war, fühlte ich mich nicht alleine. Ich fühlte mich immer gut aufgehoben und weil ich in einem atheistischen Haushalt groß geworden bin, habe ich das nicht mit Gott in Verbindung gebracht“. Erst als sie ihre Freund:innen zum Gottesdienst und zur Jungen Gemeinde einluden, bekam das, was sie spürte, für sie einen Namen. Gott oder der Heilige Geist sind es, die sie umgeben.

Letztendlich war nach dieser Erkenntnis die logische Konsequenz ihrer Gottesentdeckung die Taufe. Mit 22 Jahren ließ sie sich taufen. Sie wollte damit ein öffentliches amtliches Bekenntnis ablegen und JA-SAGEN zu Gott. „Ich habe so geheult. Ich war so gerührt und berührt. Es fühlte sich an wie in einer riesigen Wattewolke. Eingebettet und geborgen. Getragen und angezogen von Gott. Genau da wollte ich hin!“ Und das trägt sie bis heute.

Mit der Taufe und dem amtlichen Akt intensivierte sich ihr Kontakt zur Gemeinde. Für Anja Puppe veränderte sich, wie sie sich zugehörig fühlte, wie sie auf die Menschen zuging und wie die Gemeindeglieder sie wahrnahmen. „Ich glaube, die Taufe war so ein Türöffner, über Glauben und Gott zu sprechen“. Ganz trennen lässt sich das heute nicht mehr. Als hauptamtliche Gemeindepädagogin ist sie mit vielen Christen unterwegs und das Sprechen über den Glauben ist zu ihrem Beruf geworden. „Alles hat sich ineinandergefügt. Mein ganzes Leben“. Eine Lebensbiografie mit Knicken und Schlenkern. Abitur hingeschmissen, Fachabitur begonnen und beendet. Ausbildung abgebrochen, neue Ausbildung begonnen und beendet. Berufsbegleitend studiert. „Gott hatte und hat an jeder Stelle meines Lebens seine Finger im Spiel“, erzählt sie voller Dankbarkeit. Sie profitiert von diesen Zickzack-Erfahrungen, die ihr jetziges Leben bereichern. Gerade auch im Blick auf das, was sie als Gemeindepädagogin und Kreisbeauftragte für Familien und Kinder tut.

Für all die Menschen, die sich gerade im „Jahr der Taufe“ überlegen, wie ihr Weg mit Gott aussehen könnte, hat sie folgende Anregung:

„Es ist ein guter und sicherer Weg, mit Gott zu gehen. Es ist mein Weg und macht mich glücklich. Sich taufen zu lassen, ist keine Verpflichtung, sondern eine Option, eine Möglichkeit von vielen, ein Weg. Taufe nicht als Engführung zu sehen, das ist mir wichtig. Es gibt den einen Gott, aber nicht die eine Religion“. Diese Offenheit und Freiheit wünscht sie allen, die sich intensiv mit der Taufe und ihrem Weg mit Gott auseinandersetzen.

Für sie selbst steht fest: „Ich will dem Herrn singen, weil er mit wohlgetan hat“, Psalm 13, 6.

Anja Puppe ist Mitarbeiterin des Evangelischen Kirchenkreise Mittelmark-Brandenburg. Sie arbeitet als Gemeindepädagogin in Brandenburg an der Havel und ist zuständige Ansprechperson für alle Kolleg:innen im Bereich Familie und Kinder im Kirchenkreis. Sie liebt Lesen, Reisen, Müll trennen und Gartenarbeit. Als gelernte Forstwirtin kam sie über die Arbeit auf dem Friedhof zur Gemeindepädagogik. Sie beherrscht Motorsäge und Rasentraktor in gleicher Weise wie mit Kindern und Familien Gottesdienste zu feiern. Ihre jetzige Arbeit sieht sie wie Gärtnern. Säen, gießen, warten und hoffen, dass Gutes daraus erwächst.

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